Detailversuche Phase I
In Phase I wurden vier DAK Prototypen intensiven Einzelvergleichsversuchen unterzogen. Ziel war es, ausreichend Erkenntnisse zu sammeln und die Ergebnisse anschließend dem European DAC Delivery Porgramme (EDDP) vorzulegen, damit dieses aus 84 Partnern bestehende europäische Gremium eine Auswahlentscheidung für ein Kupplungssystem treffen konnte. Die Ergebnisse wurden ausführlich diskutiert und bewertet, so dass am 21. September 2021 das EDDP seine Auswahl des Scharfenberg-/Latch type-Designs verkünden konnte. Dieses wurde dann für die europaweite Einführung ausgesucht.
In diesem Abschnitt führen wir Sie durch Phase I und beschreiben das Testkonzept sowie die Vorgehensweise und fassen die Ergebnisse zusammen. Die detaillierten Prüfberichte finden Sie zum Download auf der Website des BMDV.
Güterwagenauswahl und Wagenkonfiguration
Für die Tests der DAK-Prototypen wurden vier Wagengruppen mit jeweils drei Güterwagen des gleichen Typs bereitgestellt. Jede Wagengruppe besteht aus einem vierachsigen offenen Schüttgutwagen (Eanos x-059), einem zweiachsigen Schiebewandwagen (Hbbins 306) und einem vier-achsigen Gastankwagen (Zags 119). Zielstellung dieser Wagenkonfiguration ist die Erprobung der Kupplungen an Güterwagen, die im europäischen Güterverkehr häufig eingesetzt werden und damit als repräsentativ erachtet werden können.
Im europäischen Fahrzeugregister ECVVR sind insgesamt 687.495 Güterwagen registriert.1 Die zweitgrößte Wagenkategorie mit insgesamt 114.669 Fahrzeugen ist die Gruppe der offenen Güterwagen „E“, zu der auch der ausgewählte vierachsige Eanos zählt.
Der ausgewählte Tankwagen Zags gehört zur drittgrößten Wagenkategorie in Europa („Z“) mit insgesamt 109.728 Fahrzeugen. Mit einer Länge über Puffer von 18,8 m ist der Zags die längste der drei ausgewählten Güterwagen-Gattungen. Die Verwendung unterschiedlich langer Güterwagen für die Tests ist essenziell, um u. a. das automatische Kuppeln in engen Gleisbögen zu erproben. Der große Überhang bei diesem Wagen ist hierbei eine besondere Herausforderung.
Um neben vierachsigen Güterwagen auch das Verhalten leichter zweiachsiger Güterwagen bei Verwendung einer DAK zu testen, wurde als dritte Wagenkategorie ein geschlossener Schiebewandwagen vom Typ Hbbins ausgewählt. In Europa sind insgesamt 45.345 Güterwagen vom Typ „H“ im Einsatz. Insgesamt repräsentieren die drei ausgewählten Güterwagen-Typen somit 269.742 Güterwagen in Europa. Zudem können durch die obige Auswahl die Testergebnisse auf weitere zwei- und vierachsige Güterwagen mit vergleichbaren Dimensionen übertragen werden.
Alle Wagen sind mit LL- oder K-Sohlen für die Bremsen ausgestattet und entsprechen somit den gesetzlichen Vorgaben gemäß TSI Noise.
1Vgl. Liebing, S. (2018), Quantifizierung des Umrüstungsbedarfs der Güterwagenflotten in Deutschland und den Mitgliedstaaten der Europäischen Union für verschiedene rechtliche Szenarien, TÜV Rheinland InterTraffic GmbH im Auftrag des Eisenbahn-Bundesamtes, Berlin, 2018.
Details der verwendeten Wagen in phase i
Schiebewandwagen „Hbbins 306“
leer ca. 14,9 t, beladen ca. 44,9 t
Länge über Puffer: 15,5 m
Drehzapfenabstand: 9 m
Quelle: DB Cargo AG
Technische Zeichnung; Quelle: DB Cargo AG
Schüttgutwagen „Eanos-x 059“
leer ca. 24 t, beladen ca. 90 t
Länge über Puffer: 15,74 m
Drehzapfenabstand: 10,7 m
Quelle: DB AG
Technische Zeichnung; Quelle: DB AG
Gastankwagen „Zags 119“
leer ca. 32,5 t, beladen ca. 90 t
Länge über Puffer: 18,8 m
Drehzapfenabstand: 12,1 m
Quelle: GATX
Technische Zeichnung; Quelle: GATX
Konfiguration des Demonstrators
In jeder der vier Wagengruppen wurden die beiden inneren Kuppelstellen mit digitalen automatischen Kupplungen ausgerüstet. Vier Hersteller haben sich an der Durchführung der Tests mit der Lieferung von Prototypen beteiligt: CAF (SA3-Typ), Dellner (Latch-Typ), Wabtec (Schwab-Typ) und Voith (Scharfenberg-Typ).
Die jeweils äußeren Wagen, die Zags- und Eanos-Wagen, waren auf einer Seite mit der Standardausrüstung (Schraubenkupplung und Puffer) ausgestattet. Damit konnten die vier Wagengruppen zu einem Zugverband verbunden werden, unabhängig von der Kuppelbarkeit der DAKKupplungssysteme untereinander.
Um im Versuchsablauf unterschiedliche Beladungszustände abbilden zu können, wurden die Zags-Wagen mit Wasser, die Hbbins-Wagen mit Stahlgitterboxen und Sandsäcken und die Eanos-Wagen mit Betonelementen beladen.
Konfiguration des Demonstrators
Vorbereitung der Güterwagen
für elektrische und messtechnische Ausrüstung
Zusätzliche Anbauten waren notwendig, um die Wagen für den Testbetrieb mit Messtechnik ausrüsten zu können. Da die Kupplungen sich alle noch im Prototypenstadium befanden, wurde ein Konzept aus drei separaten Anschlussboxen konzipiert. Dadurch konnte ein einheitlicher Übergabepunkt für die Verkabelung des Wagens, unabhängig von der Kupplung, geschaffen werden. Das im Folgenden beschriebene Konzept diente nur für die Dauer der Testdurchführung als Testlösung. Das Konzept ist nicht Bestandteil einer Lösung, die später so bei der Umrüstung der Güterwagen zum Einsatz kommen soll.
Die „zentrale Anschlussbox“ für die Stromversorgung und die Datenkommunikation nimmt die gesamte Messtechnik während der Versuche auf und wird über ein zentrales Kabel mit den „Kupplungsanschlussboxen“ verbunden, das für alle Wagen identisch ist.
Im Bereich jeder Kupplung ist eine kompakte „Kupplungsanschlussbox“ montiert. Dadurch können die noch nicht standardisierten Kabelkonzepte der Hersteller einheitlich verkabelt werden und über eine Hauptleitung an den Wagen kommunizieren.
Zusätzlich können an der Kupplungsanschlussbox mit einen Steckeranschluss für den Fehlerfall die Kupplung überbrückt und die Schraubenkupplung der vier Wagengruppen verbunden werden. Im regulären Betrieb übernimmt im Bereich der DAK die Elektrokupplung diese Funktion und verbindet die Strom- und Datenleitung der gekuppelten Wagen.
zentrale Anschlussbox (mit montierten Wetterhauben)
zentrale Anschlussbox (ohne montierte Wetterhauben)
Kupplungsanschlussbox
Die Abbildungen zeigen die beiden Kupplungsanschlussboxen am Beispiel eines Eanos-x-059-Wagens.
Messtechnische Ausrüstung
Für die Versuche in Phase I wurde auf den Güterwagen Messtechnik implementiert, die sich in drei Gruppen einteilen lässt:
1 Messtechnik, die für die mechanische und pneumatische Untersuchung notwendig ist
2 Messtechnik, die die Funktionalität der Energieversorgung nachweist
3 Messtechnik für den Nachweis der zuverlässigen Datenkommunikation
Im Folgenden werden diese drei Gruppen näher beschrieben.
Mechanische und pneumatische Messtechnik
Nachfolgend sind die physikalischen Messgrößen aufgeführt, die während der Versuche aufgezeichnet wurden, sowie die jeweils dafür genutzten Sensortypen.
Für jeden der vier Kupplungstypen wurden jeweils zwei Messkupplungsköpfe bereitgestellt. Somit wurden insgesamt acht Kupplungsköpfe mit DMS (= Dehnungsmessstreifen) instrumentiert und auf Kraft kalibriert. Bei den DMS handelt es sich um Vollbrückenschaltungen.
Nach physikalischen Grundsätzen ist die Kraft (statisch) in beiden Kupplungsköpfen gleich (F1 = F2), sodass es ausreicht, die Kraft nur in einem der beiden Köpfe zu ermitteln. Die Abbildung zeigt die schematische Darstellung einer DAK, wobei die Messstelle, an der die DMS appliziert wurden, pink gekennzeichnet ist.
Dehnungsmessstreifen
Komponenten zur Untersuchung
der Stromversorgung und der Daten-kommunikation
Die Komponenten zur Untersuchung der Stromversorgung und der Datenkommunikation sind in der Tabelle unten aufgelistet. Sie sind in die zentrale Anschlussbox integriert.
Testkonzept und versuche
In Phase I wurden die beschafften Kupplungen jeweils anhand eines mit dem EDDP abgestimmten, detaillierten Testkonzepts geprüft. Dabei wurden die eingangs beschriebene Wagenkonfiguration und die messtechnische Ausrüstung angewendet.
Nach dem Aufbau des Demonstrators (Juni bis September 2020) wurde die Phase I im September 2020 begonnen. Aufgrund offener technischer Fragestellungen zu den Kupplungsprototypen konnte das Testprogramm jedoch nicht wie geplant bis Februar 2021 finalisiert werden. In enger Zusammenarbeit mit allen Kupplungsherstellern wurde die Phase I daher bis zum 30.06.2021 verlängert.
Ladezustände
Die Untersuchung der Kupplungen machte es notwendig, den Ladezustand der Wagen individuell zu verändern. Hierbei sollten die Anzahl der Variationen so klein wie möglich gehalten und dennoch alle Extrembedingungen für die Kupplungen abgebildet werden. Der Ladezustand beeinflusst zum einen den vertikalen Höhenversatz, zum anderen ändern sich dabei die auf die Kupplungen wirkenden Kräfte.
Für die Untersuchung der Kupplungen wurden zwei Szenarien identifiziert, deren Extremfälle untersucht wurden. Zum einen die mechanische Belastbarkeit der Kupplungen, also die Untersuchung des Verhaltens der Kupplung beim Einleiten großer Kräfte. Zum anderen der mögliche horizontale wie vertikale Greifbereich, in dem die Kupplungen sich kuppeln lassen und ohne Einschränkungen durch verschiedene Gleisgeometrien fahren können.
Der Zags-Wagen mit einer Länge über Puffer von 18,8 m und einem Drehzapfenabstand von 12,1 m erzeugt die größten horizontalen Auslenkungen der Kupplung. Der Hbbins-Wagen hingegen zeigt die größte Änderung der Pufferhöhe beim Vergleich der Zustände „beladen“ zu „leer“. Somit war der Kuppelvorgang zwischen dem beladenen Hbbins- und dem leeren Zags-Wagen die größte Herausforderung für die Untersuchung des Greifbereichs.
Bei der Untersuchung für die mechanische Belastbarkeit ist der relevanteste Fall ein voller Hbbins-Wagen, der mit einem schweren Eanos-Wagen gekuppelt wird. Die maximale Zuladung beim Eanos-Wagen ist um 8 t größer als beim Zags-Wagen, der ein höheres Leergewicht bei gleichem Maximalgewicht aufweist. Der größte Unterschied in der Belastung sollte demnach beim Versuch zwischen dem beladenen Hbbins- und dem beladenen Eanos-Wagen im Vergleich zum leeren Hbbins- und dem beladenen Eanos-Wagen auftreten.
Bei den Versuchen mit hohen Geschwindigkeiten traten die größten Kräfte auf, die in die Wagenkonstruktion eingeleitet wurden. Um sich langsam an die maximalen Werte heranzutasten, wurde der Hbbins-Wagen zunächst nur zur Hälfte ballastiert. Bei allen anderen Versuchen brachte eine Teilbeladung keine zusätzlichen Erkenntnisse.
Versuchsbeschreibungen
Die mechanischen Versuche gliederten sich in Kuppelversuche, Versuche zum Betrieb (Durchfahren von Geometrien) sowie Versuche zur Untersuchung der Querkräfte und der Entgleisungssicherheit.
Kuppel- und Fahrversuche
Die mechanischen Versuche umfassten Kuppelversuche und Versuche zum Betrieb (Durchfahren verschiedener Gleis-Geometrien). Für einen belastbaren Nachweis der Kuppelbarkeit und des uneingeschränkten Betriebs war eine Vielzahl von Versuchen mit verschiedenen Geschwindigkeiten in verschiedenen Geometrien notwendig. Um die Signifikanz eines Ergebnisses und dessen Wiederholbarkeit besser beurteilen zu können, wurden die Versuche fünfmal wiederholt.
Ladezustand 1
Die auszuwertende Kuppelstelle bei Kuppelversuchen liegt zwischen den pink markierten Wagen
Fahrversuche mit gekuppelter Dreiwagengruppe sind blau markiert
Die Übersicht in der oberen Tabelle zeigt die Versuche im Ladezustand 1. Dabei beinhalten die schwarz markierten Felder Kuppelversuche und die blau markierten Felder die Versuche, bei denen Geometrien im gekuppelten Zustand durchfahren wurden (gezogen und geschoben).
Ladezustand 1 untersuchte die leeren Wagen. Dabei lag der Fokus auf der Kuppelbarkeit zwischen dem Zags- und dem Hbbins-Wagen.
Wie erläutert diente der Ladezustand 2 in der nächsten Tabelle als Zwischenschritt, sodass hier nur Versuche auf dem geraden Gleis durchgeführt wurden. Auch dabei wurde die Geschwindigkeit, wie beim Ladezustand 1, bis zu einem Maximum von 12 km/h gesteigert.
Ladezustand 2
Die auszuwertende Kuppelstelle bei Kuppelversuchen liegt zwischen den pink markierten Wagen
Fahrversuche mit gekuppelter Dreiwagengruppe sind blau markiert
Ladezustand 3
Die auszuwertende Kuppelstelle bei Kuppelversuchen liegt zwischen den pink markierten Wagen
Fahrversuche mit gekuppelter Dreiwagengruppe sind blau markiert
Der Ladezustand 3 diente der Untersuchung von zwei Aspekten. Zum einen wurden durch die Kombination des beladenen Eanos- und des beladenen Hbbins-Wagens die größten Kräfte über die Kupplung übertragen. Zum anderen wies die Kombination aus dem beladenen Hbbins- und dem leeren Zags-Wagen den größten vertikalen Höhenunterschied der Kupplungen auf, gepaart mit dem größten horizontalen Unterschied aufgrund der Geometrie des Zags-Wagens.
Die Wahl dieser Kombinationen deckte somit alle Extremfälle ab. Alle anderen Kombinationen liegen mit ihren Auswirkungen zwischen diesen Extremfällen und brachten keine weiteren Erkenntnisse.
Ergebnisse
Die Ergebnisse der Kuppel- und Fahrversuche der getesteten Prototypen stellen sich recht unterschiedlich dar. Gemeinsam haben die Kupplungen aller Hersteller, dass im Verlauf der Tests Defizite und Schwächen identifiziert wurden und an allen Kupplungsdesigns Nachbesserungen erforderlich waren. Nur durch die eingangs erläuterte Testverlängerung und die Nachbesserungen durch die Hersteller konnte eine umfassende Datenbasis für alle Prototypen im Test geschaffen werden. Im Folgenden werden die drei DAK-Designs einzeln betrachtet und die Erkenntnisse je Design zusammenfassend aufgeführt.
Scharfenberg-Design des Herstellers Voith
Die Fahrversuche verliefen insgesamt ohne Auffälligkeiten. Sämtliche Infrastrukturen konnten ohne Einschränkungen befahren werden. Die Kuppelvorgänge mit der ersten Version der Voith-DAK sind in zahlreichen Fällen fehlgeschlagen. Die elektrischen Kuppelvorgänge sind ebenfalls in vielen Fällen als „nicht erfolgreich“ bewertet worden (z.B. 24 von 72 Versuchen nicht erfolgreich bei 6 km/h). Äußerlich zeigten die Kontakte häufig nach wenigen Versuchen deutliche Verschleißspuren, was als Ursache für die negative Auswertung festgestellt wurde. Im Detail zeigte sich, dass lediglich einzelne Kontakte dauerhaft ausgefallen sind. Voith hat eine Version 1.2 erarbeitet und bereitgestellt, bei der der Kupplungskopf angepasst worden ist. Bei den Kuppelversuchen mit dieser zweiten Version des DAK-Designs waren die Kuppelvorgänge bei den niedrigen und mittleren Geschwindigkeiten erfolgreich. Lediglich bei Kuppelversuchen mit 12 km/h kam es zweimal zu einem Abprallen der Wagen ohne Kuppelvorgang. Die Probleme mit den Kontakten in der elektrischen Kupplung sind bei der Version 1.2 des Prototypen unverändert geblieben.
Latch Type-Design des Herstellers Dellner
Die erste Generation des Latch Type-Designs von Dellner hat die geforderte mechanische Festigkeit nicht erfüllt, so dass hier Einschränkungen für die Kuppelstöße durch Dellner ausgesprochen wurden. Konkret waren Kuppelstöße mit Geschwindigkeiten über 10km/h untersagt. Dennoch sind die mechanischen und pneumatischen Verbindungen bei den Kuppelvorgängen unter Berücksichtigung der Einschränkungen zu 100% erfolgreich getestet worden. Die zweite Generation der Kupplung beinhaltete eine mechanische Aufrüstung der DAK und die Implementierung eines Stabilisierungsgelenks zur Verbesserung der Sicherheit gegen Entgleisen.
Die elektrischen Kuppelvorgänge sind in vielen Fällen als „nicht erfolgreich“ bewertet worden (z.B. 27 von 27 Versuchen nicht erfolgreich bei 2 km/h). Äußerlich zeigten die Kontakte häufig nach wenigen Versuchen ebenfalls deutliche Verschleißspuren und ein Klemmen der beweglichen Kontaktseite. In vielen Fällen ist, analog zu den Ergebnissen der Voith-Kupplung, der Ausfall einzelner Kontakte ursächlich für das negative Ergebnis der Auswertung. In mindestens einem Fall haben sich allerdings die beiden E-Kupplungen gänzlich verfehlt.
Die Fahrversuche mit dem Generation 1 Prototypen verliefen insgesamt ohne Auffälligkeiten. Sämtliche Infrastrukturen konnten ohne Einschränkungen befahren werden.
Schwab-Design des Herstellers Wabtec
Auch der Schwab-Prototyp konnte erst mit einer zweiten Version bewertbare Ergebnisse hervorbringen. Mit den getesteten DAK-Prototypen sind die mechanischen Verbindungen bei den Kuppelvorgängen zu 100% erfolgreich getestet worden. Die pneumatische Kupplung hat in einigen Fällen nicht funktioniert (z.B. 12 von 104 Versuchen nicht erfolgreich bei 2 km/h). Das Kuppeln von Zags und Hbbins war in dem 100-Meter Bogen in Abhängigkeit von der Beladung des Hbbins nur teilweise möglich. Das Kuppeln von Zags und Hbbins war im 75-Meter Bogen nicht möglich.
Bei den Tests sind konstruktive Schwächen an den beweglichen Teilen der Elektrokontaktkupplung aufgetreten, wodurch beim Großteil der Versuche die elektrische Verbindung in den Protokollen als nicht erfolgreich geschlossen geführt werden (z.B. 48 von 104 Versuchen nicht erfolgreich bei 2 km/h).
Mit den nachgerüsteten E-Kupplungen sind ausgewählte Nachtests durchgeführt worden. Dabei konnte nur ein begrenzter Geschwindigkeitsbereich nachbetrachtet werden. In diesen Nachtests waren die ergriffenen Maßnahmen erfolgreich. Es waren keine signifikanten Verschleißspuren bei den E-Kontakten erkennbar.
Die Fahrversuche waren mechanisch und elektrisch zu 100% erfolgreich. Es sind jedoch Probleme mit der pneumatischen Verbindung festgestellt worden (pneumatisch gekuppelt in 30 von 142 Versuchen nicht erfolgreich). Hier kam es zu kurzzeitigen Luftverlusten. Im Laufe der Versuche hat sich gezeigt, dass die notwendige Kraft, um zwei entkuppelte Wagen zu trennen, immer größer geworden war. Dieses Verhalten konnte gegen Ende von Phase I durch Wabtec behoben werden, in dem die Kupplungsköpfe mit Hilfe eines Adapters an der Kupplungsstange seitlich vorausgelenkt wurden. Hierdurch schien die Entkuppelkraft wieder in einen akzeptablen Rahmen gefallen zu sein, dies konnte in der verbleibenden Zeit nur eingeschränkt getestet werden.
Querkraftversuche
Die mechanischen Versuche beinhalteten neben den Kuppel- und Fahrversuchen auch die Versuche zur Untersuchung der Querkräfte und der Entgleisungssicherheit. Für die Untersuchung der resultierenden Querkräfte und der ertragbaren Längsdruckkräfte der Kupplungsdesigns wurden gezielt Längsdruckkräfte aufgebracht. Grundlage für die Versuche sind die Vorgaben nach IC-Kodex 530-2.
Die Versuche wurden im 150 m-S-Gleisbogen mit 6 m Zwischengerade durchgeführt (ähnlich zu Spec 4.10). In der Abbildung rechts ist die Gleisgeometrie für den Versuch dargestellt.
Darstellung der Testgeometrie
Das Versuchsgleis besteht aus einem s-förmigen Gleisbogen mit R = 150 m mit einer Zwischengerade von 6 m Länge. Das Prüfgleis ist nicht überhöht. Die mittlere Spurweite beträgt 1450 – 1465 mm.
Quelle: UIC Merkblatt 530-2, Güterwagen – Fahrsicherheit, 7. Ausgabe, Dezember 2011
Darstellung des Aufbaus des Versuchszuges für die Untersuchung
Quelle: UIC Merkblatt 530-2, Güterwagen – Fahrsicherheit, 7. Ausgabe, Dezember 2011
Dabei wurde gezielt der Hbbins-Wagen in der Mitte der Drei-Wagen-Konfiguration untersucht. Bekannt ist, dass zweiachsige Wagen am anfälligsten für das Entgleisen in solchen Versuchen sind. Die benachbarten Eanos- und Zags-Wagen wurden voll beladen. Der Versuch wurde schiebend gefahren, wobei vor den Wagen Bremswagen angekuppelt wurden, die das Aufbringen der Prüfkräfte durch die hinten angekuppelten Lokomotiven ermöglichen. Dieser Aufbau ist links skizziert.
Messungen während der Versuche
Während der Versuchsdurchführung wurden die folgenden Messgrößen während der Fahrt durch das Prüfgleis aufgezeichnet:
- Längsdruckkraft FLxi
- Radanhebungen dzij an allen Rädern
- Radaufstandskräfte und Radquerkräfte an allen Radsätzen
- Weg (z.B. 1 m-Marke)
Messgrößen während der Querkraftversuche nach UIC 530-2
Anmerkung: Die Pufferquerverschiebungen sind in den Versuchen von DAC4EU nicht gemessen worden. Die Puffer sind demontiert.
Quelle: UIC Merkblatt 530-2, Güterwagen – Fahrsicherheit, 7. Ausgabe, Dezember 2011
Gemäß den Vorgaben des UIC-Kodex und um die Grenzen der Kupplungen zu identifizieren, wurde die Längskraft, beginnend mit 100 kN, sukzessive gesteigert. Gemessen wurden dabei die links genannten Größen. Die bei Versuchen mit Schraubenkupplungen gemessene Pufferquerverschiebung entfällt bei Versuchen mit DAK. Der Weg wird indirekt über die Integration der gemessenen Geschwindigkeiten errechnet.
Ergebnisse
In den Nachschieberversuchen hat keine der Kupplungen den bei einer Schraubenkupplung geforderten Mindestwert der ertragbaren Längsdruckkraft von 200 kN unterschritten. Zwei von drei getesteten DAK Prototypen konnten das Referenzniveau der Schraubenkupplung sogar deutlich (z.T. mehr als Faktor 2) übersteigen.
Die Scharfenberg- und Latch Type-Designs sind bei 500 kN bzw. bei 400 kN entgleist. Beim Schwab-Design wurden die Versuche bei 400 kN abgebrochen, da es bereits zu einer deutlichen Radreaktion gekommen war und eine Entgleisung auf Anweisung des Herstellers verhindert werden sollte. Zudem hat keine Kupplung die Grenzwerte für die Radanhebung und die größte zulässige Radsatzlagerquerkraft erreicht oder überschritten. Dennoch sind bei den Versuchen Entgleisungen erfolgt. Dieser Umstand könnte Gegenstand weiterer Forschung sein und konnte nicht abschließend geklärt werden. Die aus den Versuchen resultierende Datenbasis könnte für den Weg in Richtung europäischer Zulassung essenziell sein.
Elektrische Versuche
Jeder der vier DAK-Prototypen ist mit einer elektrischen Kupplung (E-Kupplung) ausgestattet. Bei dem Schwab- und SA3-Design waren die E-Kupplungen jeweils unterhalb der mechanischen Kupplung angebracht, beim Scharfenberg- und Latch Type-Designs oberhalb. Sowohl die SA3- als auch die Scharfenberg- und Latch Type-DAK besitzen Feder-/Festkontakte, bei der Schwab-DAK sind Stift-/Buchsenkontakte verbaut.
Insgesamt sind vier Messungen durchgeführt worden:
- Messungen des Übergangswiderstandes
- Isolationswiderstandmessung
- Leistungsübertragung über den Zug
- Lade- und Entladeverhalten der Batterien
Dabei sind die Messungen des Übergangswiderstands und die Isolationswiderstandsmessungen vor Beginn der mechanischen Kuppelversuche sowie während und nach des Versuchsprogramms durchgeführt worden. Bei (1) waren die DAK-Prototypen in gekuppeltem Zustand, während sie bei (2) in einem ungekuppelten Zustand waren. Die Leistungsübertragung (3) wurde je Kupplungsdesign in dem 3er-Wagenverbund gemessen und in gekuppeltem Zustand. Das Lade- und Entladeverhalten der Batterien (4) wurde hingegen im gesamten Zugverbund mit neun Wagen getestet.
Ergebnisse
Die Akzeptanzkriterien bei den Messungen der Übergangswiderstände sind bei den Scharfenberg-, Latch Type- und Schwab-DAK-Prototypen nur teilweise erfüllt worden, da die Maximalwiderstände für die Versorgungs- und Datenleitungen (beim Latch Type-Design) oder nur für die Datenleitungen (beim Scharfenberg- und bei Schwab- Design) nur teilweise erfüllt worden sind.
Die Isolationswiderstände des Scharfenberg-Designs waren zu niedrig. Die Akzeptanzkriterien von (3) und (4) sind hingegen von allen E-Kupplungsdesigns erfüllt worden.
In der folgenden Tabelle sind die Ergebnisse der Messungen zusammengefasst:
Versuche zur strom- und Datenkommunikation
Ein wesentlicher Bestandteil einer DAK ist die Verbindung von Strom und Daten zwischen den Wagen. Im Rahmen des Projektes sind deshalb drei unterschiedliche Kommunikationssysteme getestet worden:
- ein System, das auf den Stromleitungen aufsetzt: Powerline PLUS,
- eine Funktechnologie zwischen den Wagen: Wireless LAN und
- einer 2-Draht-Lösung über separate Leitungen: CAN-FD
Ziel der Versuche zu Strom- und Datenkommunikation in Phase I ist es gewesen, eine passende Kommunikationstopologie für die Betriebserprobung in Phase II auszuwählen. Die Tests haben ergeben, dass alle drei Kommunikationssysteme für eine weitere Evaluierung in Phase II geeignet sind. Die Versuche in Phase II haben mittlerweile weitere entscheidende Ergebnisse für die Auswahl eines Kommunikationssystems für den Regelbetrieb geliefert. Untersucht wurde der Daten- und Stromfluss sowohl in den einzelnen Wagengruppen als auch im gesamten Zugverbund mit 12 Wagen. Dabei ist die Verbindung zur Wagengruppe mit dem SA3-Design überbrückt worden. Bei den Messungen in den einzelnen Wagengruppen konnte keine Abhängigkeit zum Kupplungsdesign festgestellt werden. Im Zugverbund sind die Kommunikationssysteme auf Belastbarkeit und Störfestigkeit untersucht worden, wobei eine stabile Kommunikation demonstriert werden konnte.
Eine Übersicht über die Versuche zur Datenkommunikation:
Klimakammertests
Um die Einhaltung der Funktionsfähigkeit der Kupplungen in klimatischen Extremsituationen zu überprüfen, wurden Klimakammertests durchgeführt. Bei den Klimakammertests befanden sich die Wagen in folgendem Beladungszustand (Ladezustand 1):
- Eanos-Wagen: voll beladen
- Hbbins-Wagen: leer
- Zags-Wagen: leer
Als kritische Situation wurde erachtet, wenn zwei leichte (unbeladene) Wagen ohne Höhenversatz mit Eis kuppeln (in diesem Fall der Zags-Wagen mit dem Hbbins-Wagen).
Untersucht wurde die erfolgreiche Herstellung der mechanischen, pneumatischen und elektrischen Verbindungen.
Bei den Versuchen wurde sowohl das Entkuppelverhalten einer verbunden klimatisierten Kuppelstelle untersucht als auch das Kuppelverhalten zweier unabhängig klimatisierter Kupplungsköpfe. Die Versuche sind nur noch mit den Prototypen vom Design Latch Type, Scharfenberg und Schwab durchgeführt worden.
Versuchsbedingungen
Die Bedingungen und Temperaturen, unter denen das Kuppel- und Entkuppelverhalten untersucht wird:
Versuchsablauf
Vor der eigentlichen Versuchsdurchführung wurden die Wagen der in der Klimakammer eingestellten Temperatur und den gewählten klimatischen Umgebungsbedingungen ausreichend lange ausgesetzt. Der mittlere Wagen (Hbbins) ist auf der einen Seite mit dem Eanos-Wagen gekuppelt, auf der anderen Seite mit dem Zags-Wagen ungekuppelt (s. Abbildung rechts).
Zu Beginn der Tests wurden die beiden gekuppelten Wagen (Eanos und Hbbins) entkuppelt, um das Entkuppelverhalten zu überprüfen.
Auf der noch ungekuppelten Seite des Hbbins- wurde der Zags-Wagen mit ca. 2 bis 5 km/h aufgeschoben und ein Kuppelvorgang zwischen Zags- und Hbbins-Wagen durchgeführt. Diese Kuppelstelle wurde daraufhin wieder getrennt und der Hbbins- auf den Eanos-Wagen geschoben und mit diesem wieder gekuppelt.
Somit war die Ausgangsstellung wieder erreicht und der nächste Versuch konnte vorbereitet werden.
Wagenkonfiguration während des Versuchsablaufes
Ergebnisse
Die Ergebnisse der Klimakammerversuche zeigten auf, dass alle drei DAK-Prototypen Probleme beim Kuppeln der E-Kupplung bei Schneematsch (Latch Type-Design) und/oder Eis (alle drei Designs) hatten. Die E-Kupplungen konnten kaum bis gar nicht kuppeln, da die Abdeckklappen und Kontakte für diese Wetterbedingungen nicht geeignet waren. Beim pneumatischen Kuppeln hat das Latch Type-Design am besten abgeschnitten, denn mit jedem erfolgreichen mechanischen Kuppelvorgang, hat auch die pneumatische Verbindung funktioniert.
Bei dem Schwab-Design musste vom regulären Versuchsaufbau abgewichen werden, da die Kupplungen zwischen E- und H-Wagen in entkuppeltem Zustand nicht per Hand getrennt werden konnten. Es brauchte eine stärkere Zugkraft, so dass der H-Wagen für die Ausgangposition freistehend positioniert wurde. Der Schwab-Prototyp konnte zwar bei Schnee mechanisch kuppeln, jedoch nicht bei Eis. Pneumatische und elektrische Verbindungen sind nur bei +45°C zustande gekommen.