Projekt­information

Hinter­grund Auftrags­forschung des BMDV

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) möchte den klimafreundlichen Schienenverkehr stärken und Innovationen und Forschung im Schienensektor fördern. Die Digitale Automatische Kupplung (DAK) ist dabei eine der zentralen Innovationen zur Digitalisierung und Automatisierung des Schienengüterverkehrs (SGV). Sie kann die Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit und Wettbewerbsfähigkeit des SGV in Europa steigern. Das BMDV treibt daher die europaweite Einführung der DAK voran.

Dafür hat das BMDV im Jahr 2016 das Forschungsprojekt „Aufbau und Erprobung innovativer Güterwagen“ beauftragt. Bei der einjährigen Betriebserprobung wurden auch automatische Kupplungen getestet und wichtige Erkenntnisse über ihren Einsatz im Schienengüterverkehr gewonnen.

Im Jahr 2019 hat das BMDV eine Studie zur „Erstellung eines Konzeptes für die EU-weite Migration eines Digitalen Automatischen Kupplungssystems für den Schienengüterverkehr“ zur Grundlagen-Entwicklung beauftragt.

Die Migrationsstudie hat ergeben, dass viele europäische Eisenbahnverkehrsunternehmen und Wagenhalter die Einführung einer DAK Typ 4 unterstützen. Mit der Einrichtung eines europaweiten Migrationsprogramms für die DAK, des European DAC Delivery Programme (EDDP), wurde eine Basis geschaffen, um Entscheidungen auf europäischer Ebene treffen zu können und die Einführung der DAK gemeinsam voranzutreiben.

Ein Pilotprojekt des BMDV zur Beschleunigung des DAK-Migrationsprozesses zur Demonstration, Erprobung und Zulassung der DAK wurde am 22.06.2020 an das Konsortium DAC4EU (= Digital Automatic Coupling for Europe) vergeben.

In diesem Projekt werden Kupplungsprototypen verschiedener Hersteller getestet, um wesentliche Grundlagen für die Auswahl einer Standard-DAK in Europa auszuarbeiten. Nach Abschluss der Testreihen in Phase I wurde ein Demonstrator-Zug mit dem vom EDDP ausgewählten DAK-Typ aufgebaut und anschließend unter realen betrieblichen Bedingungen in Phase II getestet. Das Projekt wird im Auftrag des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) seit Juni 2020 bis Dezember 2022 durchgeführt und mit rund 13 Millionen Euro finanziert. Im Oktober 2022 wurde der Zuschlag für eine Verlängerung des Projekts bis zum 30. Juni 2024 mit einer zusätzlichen Finanzierung von rund 7 Millionen Euro erteilt. Hierdurch soll die Begleitung der notwendigen Weiterentwicklungen der Kupplungssysteme sichergestellt werden.

Auch die EU-Verkehrsminister haben sich zu dieser Technologie bekannt und die DAK in der Berliner Erklärung zum zentralen europäischen Projekt für den Schienengüterverkehr erklärt.

Konsortium
Kurzvor­stellung der Partner

DB AG

Der Deutsche Bahn Konzern (DB AG) mit Hauptsitz in Berlin ist führender Mobilitäts- und Logistikanbieter mit Fokus auf dem Schienenverkehr in Deutschland. Rund 340.000 Mitarbeiter sind im DB-Konzern beschäftigt, davon über 200.000 im Systemverbund Bahn. Der integrierte Betrieb von Verkehr und Eisenbahninfrastruktur sowie die ökonomische und ökologische Verknüpfung aller Verkehrsträger bewegen Menschen und Güter.

Im Personenverkehr befördert die DB AG im Systemverbund Bahn über sieben Millionen Personen pro Tag in Zügen und Bussen. Im Schienengüterverkehr werden im Netzwerk der DB AG pro Jahr mehr als 230 Mio. Tonnen Güter transportiert. Die DB AG betreibt in Deutschland mit rund 33.000 km das längste Schienennetz Europas und ist einer der größten Energieversorger Deutschlands. In Europa ist der DB-Konzern die Nummer eins im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) und die Nummer zwei im Schienenpersonenfernverkehr (SPFV).

Bei der Schieneninfrastruktur und dem Betrieb von Bahnhöfen steht der DB-Konzern europaweit ebenso auf Platz eins wie im europäischen Schienengüterverkehr und im Landverkehr.

Der DB-Konzern fokussiert sich mit der neuen Strategie „Starke Schiene“ auf die Geschäftstätigkeit des Systemverbunds Bahn. Damit bleibt Europa auch zukünftig das Wirkungsfeld des DB-Konzerns. Der Umsatz betrug im Jahr 2019 rund 44,4 Milliarden Euro.

DB Cargo AG

Nirgendwo auf der Welt gibt es ein engmaschigeres Schienennetz als in Mitteleuropa. Im Zentrum dieses Netzes agiert die DB Cargo – die größte, leistungsfähigste Güterbahn Europas. Sie bietet ihren Kunden aller Branchen europaweite Schienentransporte aus einer Hand – schnell, effizient und zuverlässig.

Mit rund 4.200 Gleisanschlüssen in ganz Europa und Aktivitäten in 17 europäischen Ländern sowie China haben die Kunden Zugang zu einem der größten Schienennetze der Welt. Die DB Cargo ist damit die Nummer eins im europäischen Schienengüterverkehr. Mit insgesamt über 82.000 Güterwagen und etwa 2.700 Loks verfügt sie europaweit über den größten Schienen-Fuhrpark. Die DB Cargo treibt die Digitalisierung und Automatisierung der Loks und Güterwagen sowie der Prozesse in den Rangieranlagen und Werkstätten voran.

Ermewa SA

Ermewa SA wurde 1956 gegründet und ist europäischer Marktführer bei der Vermietung von Güterwagen. Das Unternehmen umfasst eine Flotte von 42.000 Güterwagen für Speditionen, Eisenbahnunternehmen und Industrieunternehmen aller Branchen: Stahl, Öl, Gas, Chemikalien, palettierte Güter, Zuschlagstoffe, Container, Holz, Lebensmittel usw. Ermewa kann sowohl Güterwagen mit Standard-Bauart liefern als auch maßgeschneiderte Lösungen für spezielle Anforderungen.

Das Unternehmen hat seine Tätigkeiten in den letzten 60 Jahren in fast allen europäischen Ländern ausgebaut und beschäftigt heute mehr als 200 Mitarbeiter in 17 europäischen Niederlassungen. Ermewa SA ist eine Tochtergesellschaft der Ermewa Group, des europäischen Marktführers im Bereich Asset Management.

Als Akteur im Schienengüterverkehrssektor treibt das Unternehmen Innovationen voran und beteiligt sich auch an der Entwicklung der nächsten Generation von Güterwagen und Materialien.

GATX Rail Europe

GATX Rail Europe (GRE) mit Hauptsitz in Wien, Österreich, bietet als führender Full-Service-Vermieter von Kessel- und Güterwagen seine hochwertige, vielseitige Flotte in über 20 europäischen Ländern an. Das erfahrene, dienstleistungsorientierte Team gestaltet das Leasing von Kessel- und Güterwagen und den Transport auf der Schiene einfach, effizient und nahtlos. GRE setzt als Eigentümer und Halter mit ECM Funktion 1 bis 3 ein kundenorientiertes Modell mit schnellen Lösungen ein, damit sich die Kunden auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können.

Mehr als 220 Kunden verschiedener Branchen nutzen die mehr als 25.500 Kessel- und Güterwagen von GRE als effiziente, umweltfreundliche, sichere und im Vergleich mit anderen Transportmitteln wettbewerbsfähige Lösung.

Die strategisch günstig gelegenen Niederlassungen in ganz Europa ermöglichen eine lokale Kundenbetreuung. Neben der hochmodernen Full-Service- und Reparaturwerkstätte in Polen (WSO Ostroda – ECM Funktion 4) verfügt die GRE über langjährige Beziehungen zu zahlreichen Reparaturwerkstätten und Produzenten von Kessel- und Güterwagen auf dem ganzen Kontinent. GRE ist Teil der GATX Corporation, eines seit mehr als 120 Jahren an der New Yorker Börse (NYSE-Ticker: GATX) notierten Vermieters von Kessel- und Güterwagen.

Rail Cargo Austria AG

Rail Cargo Group ‒ Güterverkehr der ÖBB: Mit 9.340 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Niederlassungen in ganz Europa und einem Jahresumsatz von 2,3 Mrd. Euro zählt die Rail Cargo Group zu den führenden europäischen Bahnlogistikunternehmen. Ihr flächendeckendes Produktionsnetz mit End-to-End-Logistiklösungen im gesamten eurasischen Kontinent verbindet Menschen, Unternehmen und Märkte – von der ersten bis zur letzten Meile. Als nachhaltiges Rückgrat der Industrie erspart sie der Umwelt mit ihren Transporten auf der Schiene österreichweit 1,1 Millionen Tonnen CO₂. Die Rail Cargo Group setzt Maßstäbe bei Innovation und Digitalisierung und gestaltet die Branche maßgeblich mit.

Mit Kompetenz und Leidenschaft realisieren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zukunftsorientierte und punktgenaue Logistiklösungen aus einer Hand für Ganzzug-, Einzelwagenverkehre und intermodale Transporte. Rund 105 Mio. Tonnen Güter bringt die Rail Cargo Group jährlich an ihr Ziel – umweltfreundlich, zuverlässig, flexibel und schnell.

SBB Cargo AG

SBB Cargo AG: Puls der Schweizer Wirtschaft

Die SBB mit Hauptsitz in Olten, Schweiz, ist mit mehr als einem Viertel der gesamten Güterverkehrsleistung das führende Unternehmen im Schweizer Güterverkehr. Davon entfallen knapp 16 Prozent auf die SBB Cargo AG, die als Puls der Schweizer Wirtschaft die großen Wirtschaftsräume verbindet. 2019 transportierte die SBB Cargo AG 29,8 Mio. Nettotonnen Güter im Wagenladungs-, Ganzzugs- und im kombinierten Verkehr innerhalb der Schweiz.

VTG AG

Die VTG Aktiengesellschaft mit Hauptsitz in Hamburg zählt zu den führenden Waggon-Vermietungs- und Schienenlogistikunternehmen in Europa. Der Waggonpark umfasst rund 95.000 Eisenbahngüterwagen, schwerpunktmäßig Kesselwagen, Intermodal-, Standardgüter- sowie Schiebewandwagen. Neben der Vermietung von Eisenbahngüterwagen bietet der Konzern umfassende multimodale Logistikdienstleistungen, vor allem für Verkehrsträger der Schiene, sowie weltweite Tankcontainertransporte an.

Ihren Kunden bietet die VTG durch die Vernetzung der Geschäftsbereiche Waggonvermietung, Schienenlogistik und Tankcontainerlogistik eine leistungsstarke Plattform für den internationalen Güter-Transport. Der Konzern verfügt über eine langjährige Erfahrung und spezifisches Know-how, insbesondere beim Transport flüssiger und sensibler Güter für zahlreiche renommierte Unternehmen nahezu aller Industriezweige, bspw. aus der Chemie-, Mineralöl-, Automobil-, Agrar- oder Papierindustrie.

Im Geschäftsjahr 2019 erwirtschaftete die VTG einen Umsatz von 1.221 Millionen Euro und ein operatives Betriebsergebnis (EBITDA) von 512 Millionen Euro. Mit seinen Tochter- und Beteiligungsgesellschaften ist das Unternehmen vorrangig in Europa, Nordamerika, Russland und Asien präsent. Zum 31. Dezember 2019 beschäftigte die VTG weltweit rund 1.750 Mitarbeiter.

Zielstellung

Das BMDV hat zur Unterstützung und Beschleunigung des DAK-Migrationsprozesses den Auftrag für ein breit angelegtes Pilotprojekt zur Demonstration, Erprobung und Zulassung der DAK an das Konsortium DAC4EU vergeben.

Aufbauend auf den Praxiserfahrungen beim IGW-Projekt (Aufbau und Erprobung innovativer Güterwagen) und den Ergebnissen der für das BMDV durchgeführten Migrationsstudie sollen im DAK-Forschungsprojekt in der ersten Phase verschiedene DAK Typ 4 Systeme im Praxistest untersucht werden. Dabei werden alle Funktionen einer Typ 4 Kupplung (automatisches mechanisches Kuppeln sowie Kuppeln von Luft-, Strom- und Datenleitungen) auf die Einhaltung ihrer Funktionsfähigkeit und ihre Zuverlässigkeit getestet. Die Grundlagen für die konkrete Ausgestaltung und Durchführung der Praxistests sind funktionale Anforderungen an die Kupplungen, die auf einer offenen, internationalen Industrieplattform unter Beteiligung der Kupplungshersteller erarbeitet wurden.

Die Ergebnisse der Praxistests werden als fundierte Entscheidungsgrundlage für einen Sektor weiten Einigungsprozess auf einen DAK-Standard dem European DAC Delivery Programme (EDDP) von Shift²Rail1 übergeben. Das EDDP hat im September 2021 die Auswahlentscheidung für das Scharfenberg-/Latch Type-Design auf der Basis der Testergebnisse und weiterer Ergebnisse von Initiativen zur Erprobung von DAK in anderen europäischen Ländern getroffen.

Die für den europaweiten Einsatz ausgewählte Kupplung soll in der zweiten Phase des Forschungsprojekts auf ihre Betriebstauglichkeit getestet werden. Dazu wurde ein Demonstrator-Zug mit 204 Güterwagen mit der ausgewählten DAK Typ 4 Kupplung des Scharfenberg-/Latch Type-Designs ausgerüstet. Der Demonstrator-Zug soll in Phase II unter realen Betriebsbedingungen in verschiedenen Infrastrukturen getestet werden, u. a. in Rangierbahnhöfen, in Gleisanschlüssen und auf Streckenfahrten. Neben der funktionalen Prüfung sollen auch die Alltagstauglichkeit und die Auswirkungen auf die Betriebsprozesse getestet werden.

Während der Betriebserprobung wird der Demonstrator-Zug mit ausgewählten Automatisierungskomponenten ausgerüstet, um ihr Zusammenwirken mit der Strom- und Datenleitung der DAK zu prüfen.

1Seit 2022 ist Europe’s Rail Joint Undertaking das Nachfolgeprogramm von Shift²Rail

Historie

Automatische Kupplungen (AK) sind weltweit im Schienengüterverkehr im Einsatz – außer in Europa (vgl. Abbildung 1). Tatsächlich ist es Europa als einzigem Kontinent nicht gelungen, im Laufe der letzten Jahrzehnte eine Automatische Kupplung einzuführen. In den USA ist seit dem Jahr 1893 eine Janney-Kupplung im Einsatz. In der ehemaligen Sowjetunion wurde zwischen 1935 und 1957 eine SA3-Kupplung eingeführt. In verschiedenen Ländern weltweit werden Mischsysteme aus AK und Schraubenkupplung verwendet (z. B. in Finnland). In Europa wurden in den 1960/70er Jahren sowie in den 1990er Jahren erfolglose Anläufe zur Einführung einer AK unternommen.1

Abbildung 1: Weltweite Verbreitung automatischer Kupplungen im SGV

Europa ist somit der letzte Kontinent ohne automatisches Kupplungssystem im Schienengüterverkehr. Allerdings könnte es der erste Kontinent mit einem Digitalen Automatischen Kupplungssystem werden.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden automatische Kupplungen insbesondere zur Erhöhung der Arbeitssicherheit bzw. zur Reduzierung von Rangierunfällen eingeführt (z. B. in den USA). Mitte des 20. Jahrhunderts – zeitgleich mit ersten Versuchen der Migration einer AK in Europa – stand die Erhöhung der Produktivität beim Kuppelvorgang im Vordergrund. Jedoch konnte mit der damals zur Verfügung stehenden Technik lediglich das Kuppeln automatisiert werden. Weitere Arbeitsschritte, die vom Rangierpersonal vor der Abfahrt eines Zuges durchzuführen sind, konnten nicht optimiert werden. Letztlich verhinderten wirtschaftliche Gründe die Einführung einer AK. Im 21. Jahrhundert wird die Digitale Automatische Kupplung als wesentlicher Baustein der Digitalisierung und Automatisierung des Schienengüterverkehrs betrachtet.

1Für weitere Informationen zur weltweiten Verbreitung von automatischen Kupplungen vgl. BMDV, Erstellung eines Konzeptes für die EU-weite Migration eines Digitalen Automatischen Kupplungssystems (DAK) für den Schienengüterverkehr, Fachbericht Technik DAK, 2020, Stand: 27.11.2020.

Von der Schraubenkupplung zur DAK

Frühes 20. Jahrhundert
Verwendung von Schraubenkupplungen in Europa

Spätes 20. Jahrhundert
In Europa sind Schraubenkupplungen weiterhin Standard

21. Jahrhundert
Digitale Automatische Kupplung (DAK) als Voraus­setzung zur Automatisierung und Digitalisierung des SGV in Europa

Mit zunehmender Digitalisierung und Automatisierung im Bahnbetrieb sind viele Anwendungen in Entwicklung, die es ermöglichen werden, die Attraktivität und Produktivität des Schienengüterverkehrs deutlich zu steigern. Folgende Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein:

Quelle: BMDV, Erstellung eines Konzeptes für die EU-weite Migration eines Digitalen Automatischen Kupplungssystems (DAK) für den Schienengüterverkehr, 2020, Stand: 27.11.2020

Dabei kuppelt die DAK nicht nur mechanisch, sondern verbindet zusätzlich die Luftleitungen für das Bremssystem, sowie die Strom- und Datenleitungen der Güterwagen. Die ausreichende Energieversorgung auf den Güterwagen, eine sichere Datenkommunikation sowie eine Automatisierung des Kuppelvorgangs sind Voraussetzungen für eine Automatisierung bahnbetrieblicher Prozesse.

Während die in den meisten Ländern der Welt eingesetzten AK Typ 1 lediglich mechanisch kuppeln, kann beispielsweise eine DAK Typ 5 neben der automatischen Verbindung von Luft,- Strom- und Datenleitungen auch ferngesteuert entkuppelt werden. Somit bietet sie den größten Mehrwert für eine umfassende Digitalisierung und Automatisierung des SGV in Europa. Allerdings ist der Sprung von einer Schraubenkupplung zu einer DAK Typ 5 sehr groß – in technischer, betrieblicher und finanzieller Hinsicht.

Im Sektor SGV besteht daher weitgehende Einigkeit darüber, zunächst die Migration einer DAK Typ 4 zu verfolgen. Dabei ist jedoch sicherzustellen, dass diese aufwärts-kompatibel mit und Upgrade-fähig zu einer DAK Typ 5 ist.

Von der Einführung einer DAK profitieren nicht nur Eisenbahnverkehrsunternehmen, sondern sie bietet auch einen Mehrwert für verschiedene Stakeholder von der Bahnindustrie über die Verlader, Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU), Wagenhalter bis hin zu Politik und Gesellschaft, die von einem wettbewerbsfähigeren Schienengüterverkehr profitieren, in dem Verkehre von der Straße auf die Schiene verlagert werden können.

Nutzen

Um die gesteckten Klimaziele in Europa erreichen zu können, ist eine Verlagerung von Gütertransporten von der Straße auf die Schiene unerlässlich. Doch das kann nur ein wettbewerbsfähiger Schienengüterverkehr (SGV) leisten. Die DAK ist eine der Voraussetzungen dafür. Daher gilt: Ohne die DAK wird Europa seine Klimaziele verfehlen.

Das Kuppeln und Entkuppeln eines Zuges erfolgt in Europa heute immer noch überwiegend vollständig mechanisch mit Schraubenkupplungen und Puffern, ohne Strom- und/oder Datenleitung. Das Kuppeln eines Zuges mit 25 Wagen nimmt in der Regel ca. 60 Minuten nur für Wegezeiten in Anspruch. Der Lokrangierführer muss den Zug bis zu drei Mal ablaufen. Mit Rangieren, Bremsprobe und Wagenuntersuchung kann die Zugvorbereitung insgesamt zwei bis drei Stunden dauern. Noch länger dauert es, wenn ein Wagen ausgereiht werden muss. An den manuellen Abläufen zur Zugvorbereitung hat sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht viel verändert.

Durch die DAK kann dem SGV der Sprung ins 21. Jahrhundert gelingen. Neben automatischem Kuppeln erlaubt die Einführung von Strom- und Datenleitungen via DAK die Automatisierung bahnbetrieblicher Prozesse, wie z. B. einer Bremsprobe, sowie die Einführung elektronisch gesteuerter Bremssysteme und der Datenkommunikation über den ganzen Zug hinweg. Die aufwendigen manuellen Prozesse im SGV werden dadurch komplett automatisiert. Ein Güterzug ist dann nicht erst nach Stunden, sondern schon nach Minuten zur planmäßigen Abfahrt bereit.

Die DAK bietet zudem die Möglichkeit, längere und schwerere Züge zu bilden – ein weiterer entscheidender Schritt zur Effizienz und Produktivität im SGV. Elektrische Energie im Zugverband ermöglicht den Einsatz der elektro-pneumatischen Bremse, die im Vergleich zu der rein pneumatischen Bremsansteuerung höhere Geschwindigkeiten und kürzere Bremswege erlaubt. Strom und Datenleitungen treiben auch die Einführung von Sensoren am Wagen, beispielweise für die permanente Wagenkomponenten- und Frachtüberwachung, voran. Sie ermöglicht den Kunden die seit Langem dringend geforderte Einbindung des SGV in digitale Logistikketten.

Dies sind nur einige Beispiele für den Nutzen der DAK. Insgesamt wurden 28 verschiedene Anwendungsfälle identifiziert. Einige ergeben sich aus der reinen Verwendung einer automatischen Kupplung, unabhängig vom Automatisierungsgrad. Andere Anwendungsfälle ergeben sich aus der Enabler-Funktion einer DAK für die Automatisierung des Schienengüterverkehrs. Zusätzlich bestehen Potenziale in den Bereichen Arbeitssicherheit, Personalrekrutierung, Energieeinsparung sowie Erschließung neuer Marktsegmente.

Effizienz­steigerung – Nutzen aus DAK


  • Reduzierung des manuellen Rangieraufwands
  • Reduzierung Rangieraufwand durch Entfall Beidrücken Güterwagen nach Ablaufberg
  • Beschleunigung Rangiervorgänge und Erhöhung System­geschwindigkeit im SGV
  • Bildung von längeren Zügen
  • Bildung von schwereren Zügen
  • Erhöhung Fahrgeschwindigkeit durch Nutzung Bremsstellung „P“
  • Reduzierung Instand­­haltungs­aufwand: verringerter Radsatz­verschleiß
  • Reduzierung Instand­­haltungs­aufwand: Entfall Pufferverschleiß und -schmieren
  • Reduzierung Instand­­haltungs­aufwand durch geringeren Infrastruktur­verschleiß
  • Erhöhung Zuladung durch Einsparung Puffer
  • Reduzierung Wagengewicht durch veränderte Konstruktion

Sicherheit, Personal, Markt­potenzial


  • Erhöhung Entgleisungs­sicherheit
  • Erhöhung Arbeitssicherheit für Rangierpersonal
  • Aufrechterhaltung des Rangierbetriebs bei Personal­rekrutierungs­schwierigkeiten
  • Erhöhung Rekuperation durch veränderte Längsdynamik im Zug
  • Erschließung neuer Marktsegmente aufgrund schnellerer Transport-/­Umlaufzeiten

Auto­matisierung, DAK als Enabler


  • Automatische Bremsprobe
  • Automatische Berechnung Bremsgewicht
  • Conditioned-based maintenance über On-board-Zustandskontrolle der Komponenten
  • Entfall Batterie-Tausch für Telematik-Geräte durch Verwendung Stromleitung
  • Erhöhung System­geschwindigkeit durch Wegfall Umstellen Bremshebel­stellung „P“ oder „G“
  • Zugintegritäts­kontrolle
  • Ladungs­überwachung/­Beladungs­überwachung
  • ep-Bremse
  • Entgleisungs­detektion
  • Erfassung der Wagenreihung
  • Erfassung der Bremszustände
  • On-board-Heißläufer­detektion

PROTOTYPEN IM TEST

Im Pilotprojekt DAK-Demonstrator wurden in Phase I DAK Typ 4 Prototypen von vier Herstellern getestet. Nachdem das EDDP eine Auswahlentscheidung für das Scharfenberg-/Latch-Type Design getroffen hat, wurden in Phase II nur noch zwei Prototypen eingebaut und getestet. Im Folgenden werden alle vier Hersteller kurz vorgestellt.

CAF S.A.

CAF Construcciones y Auxiliar Ferrocarriles ist ein spanischer Anbieter von Ausrüstungen und Komponenten für Zugsysteme. CAF entwickelt derzeit im Rahmen von Shift²Rail eine DAK Typ 4 auf der Basis einer SA3-Kupplung. Der Entwicklung vorausgegangen war eine Bewertung verschiedener Kupplungstypen auf ihre Eignung im Schienengüterverkehr. Wegen der einfachen Konstruktion einer SA3-Kupplung, der langjährigen Erfahrung damit im Schienengüterverkehr sowie der von CAF eingeschätzten Kostenvorteile bei der Konstruktion dieser Kupplung im Vergleich zu anderen Kupplungstypen hat sich CAF für einen SA3-Kupplungskopf als Basis für die Kupplung entschieden. Erste Prototypen wurden dem DAC4EU-Projektträger im Herbst 2020 zu Testzwecken zur Verfügung gestellt.

Dellner Couplers AB

Dellner ist ein weltweit tätiger Kupplungshersteller mit Hauptsitz in Vika, Schweden. Mit 1.000 Mitarbeitenden an 22 Produktions-, Montage- und Vertriebsstandorten rund um den Globus ist Dellner heute führender Systemintegrator an der Schnittstelle zwischen Fahrzeug und Triebfahrzeug. Hauptproduktgruppen sind vollautomatische Kupplungen, Übergangssysteme, Dämpfer und Service. Dellner entwickelt ebenfalls Prototypen einer DAK Typ 4 und beteiligt sich an den gegenwärtig in Deutschland durchgeführten DAK-Tests. Dabei setzt Dellner für die DAK auf das Latch-Type-Design, die unternehmensneutrale Bezeichnung für das Scharfenberg-Design.

J. M. Voith SE & Co. KG

Die J. M. Voith SE & Co. KG ist ein deutscher Anbieter von Kupplungssystemen mit Sitz in Salzgitter. Voith entwickelt ebenfalls eine DAK-Typ 4-Scharfenberg-Kupplung für die Tests von DAC4EU. Voith hat bereits eine AK Typ 2 mit Scharfenberg-Design bei der SBB Cargo erprobt und in den Serienbetrieb gebracht. Auch im BMDV-Forschungsprojekt „Aufbau und Erprobung innovativer Güterwagen“ hat Voith Scharfenberg-Kupplungen für den Demonstrator-Zug zur Verfügung gestellt.

Faiveley Transport

Faiveley Transport, mit Sitz in Gennevilliers bei Paris, ist ein Unternehmen der Wabtec Corporation, und als Fahrzeug- und Komponentenhersteller weltweit tätig. Faiveley Transport entwickelt ebenfalls Prototypen einer DAK Typ 4, setzt dabei jedoch auf einen Schwab-Kupplungskopf, der weniger verbreitet ist als die Scharfenberg- bzw. die SA3-Kupplung. Schwab-Kupplungen kommen überwiegend im Schienenpersonenverkehr in der Schweiz zum Einsatz. Wie Voith hat sich auch Faiveley Transport sowohl am 5L-Demonstrator-Zug der SBB Cargo in der Schweiz als auch am BMDV-Auftragsprojekt „Innovativer Güterwagen“ durch die Bereitstellung von AK Typ 2 beteiligt.

Projektleitung

Gesamt-Projektleitung

Dr. Fabian Wartzek
DB AG

Co-Projektleitung

Anja-Maria Sonntag
SBB Cargo AG

Wissenschaftliche Begleitung

Prof. Dr.-Ing. Markus Hecht
Fachgebiet Schienenfahrzeuge

Institut für Land- und Seeverkehr
TU Berlin

Prof. Dr.-Ing. Gangolf Hirtz
Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik
Professur Digital- und Schaltungstechnik
TU Chemnitz